Darf die gemeinsame Schuldenaufnahme der EU 27 eine Dauereinrichtung werden?

Viele Ökonomen haben schon vermutet, dass diese „einmalige Schuldenaufnahme“ ein Dauerinstrument werden könnte. Und nun erscheint diese Möglichkeit realistischer zu werden. In einer Ausschusssitzung des Wirtschafts- und Währungsausschusses des Europäischen Parlaments wurde vom Vizepräsident der Europäischen Kommission Valdis Dombrovskis und dem europäische Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni erklärt, dass sie sich gut vorstellen könnten, dass ein solches Arrangement permanent und regelmäßig werden könnte, „zur Ankurbelung der Wirtschaft“. So könnte sich die Befürchtung vieler der „sparsamen“ Staaten aus dem Norden Europas, dass das ein Fuß in der Tür sein könnte, bewahrheitet haben. Die unterschiedliche Handhabung der Finanzpolitik, die vor allem in den südlichen Ländern „leichtfertiger“ stattfindet, hatte bisher eine gemeinsame Kreditaufnahme der EU 27 verhindert. (Ich kann diese Befürchtung gut nachvollziehen, zu viele Länder vor allem auch im Süden Europas haben, und das durfte ich als Mitglied des Haushaltskontrollausschusses des Europäischen Parlaments zu oft erleben, schon bisher zugesprochene Gelder missbräuchlich oder unsinnig verwendet). Übrigens stammt Wirtschaftskommissar Geniloni aus Italien, das von allen Ländern das meiste Geld aus dem Recovery Fund erhält, nämlich 200 Milliarden Euro, davon ca. 70 Milliarden als Zuschüsse. Auch interessant.

Der Recovery Fund ist ja an und für sich eine gescheite Sache. Er wurde letztes Jahr in Höhe von 750 Milliarden Euro von den EU 27 beschlossen, um den durch die COVID-19 Pandemie entstandenen Wirtschaftseinbruch zu mildern und dem Klimawandel zu begegnen.  Die Gelder werden zum Teil als Zuschüsse und zum Teil als extrem billige Kredite vergeben. Und zumindest theoretisch sind die Bedingungen für die Erlangung jedes Länderanteils an diesem Fund auch gescheit, es muss nämlich jede Regierung einen Plan vorlegen, wie sie ihren Anteil nach den von der EU vereinbarten Regeln ausgeben will, dieser Plan darf nicht nur Ausgaben, sondern muss auch Reformen beinhalten, um die Wirtschaft für das digitale Zeitalter und ohne CO2-Emissionen fit zu machen. Dieser Plan muss dann noch angenommen werden. Hier fehlen derzeit noch die Vorstellungen von 13 Ländern, die nach Meinung der Kommission allerdings bis Juli vorliegen sollen, um mit den Auszahlungen beginnen zu können.

Die Schulden werden von den EU Vertretern im Namen der EU 27 aufgenommen und sollen aus den sogenannten „Eigenmitteln“ über die nächsten 30 Jahre beglichen werden. Diese „Eigenmittel“ sind natürlich neue Steuern, zum Beispiel eine Digitalsteuer, eine CO2 Steuer oder eine Importsteuer auf Waren, die mit „schmutzigen Technologien“ hergestellt wurden. Hier ist jedoch eine Einigung der EU 27 noch nicht erfolgt.

Damit aber die Kommission damit beginnen kann, das Geld auf den Märkten zu besorgen, müssen alle nationalen EU-Parlamente die Erhöhung der nationalen Garantien für die Rückzahlung beschließen, für den Fall, dass die neuen Steuern nicht zustande kommen. Auch hier fehlen derzeit noch 8 Staaten.

Also so weit so schwierig. Ich wünschte mir eine viel breitere Diskussion darüber, wie es generell mit weiterer gemeinsamer EU Schuldenaufnahme weitergeht, wie weitere Steuern, vor allem auch für die Länder mit einer zuverlässigen Finanzpolitik, zu rechtfertigen sind und ich wünsche mir ganz dringend ganz genaue Kontrollen vor allem in den Ländern, die das größte Stück vom Recovery Fund Kuchen abbekommen, um diesmal endlich Missbrauch von EU-Geldern zu verhindern.

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