Der Brenner Basistunnel: ein steiniger Weg in die Zukunft des Bahntransports.

Pech und Pannen

Reden wir über den Brennerbasistunnel. Gerade ist er ja in den Medien, weil die Geschäftsführung den Vertrag mit einem Baukonsortium gekündigt hat. Den Vertrag über die Strecke Pfons-Brenner (AP218) im Wert von 1,390.000.000 €, in Worten 1 Milliarde, 390 Millionen Euro. Das ist der Vertrag, der von einer anderen Bietergemeinschaft wegen Mängeln bei der Ausschreibung den Gerichten vorgeführt wurde. Diese Gerichte bestätigten zwar die Rechtmäßigkeit der Vergabe an die BG Porr-Hinteregger-Condotte-Itinera, jedoch auch, dass die Zuschlagserteilung rechtswidrig war. Damit eröffneten sich für die Kläger die Möglichkeit der Schadensersatzklage innerhalb einer Verjährungsfrist von 3 Jahren, wobei sie nachweisen müssten, dass ein Schaden entstanden ist und dass sie Bestbieter gewesen wären. 

Und gerade dieser Vertrag mit der Bietergemeinschaft Porr-Hinteregger-Condotte-Itinera wurde jetzt vom Vorstand der BBT-SE gekündigt. Wohl auch, weil man sich über die Dicke des Tunnelrahmens nicht einigen konnte. 5 cm, 45 cm statt 40 cm, wie in der Ausschreibung angeführt, brachten die Geschäftsbeziehungen zu Fall. 40 cm seien laut Statik nicht ausreichend, sagte die Baufirma.  Der Vorstand der BBT SE sah das anders und beharrte, zumindest auf österreichischer Seite, auf die ausgeschriebenen 40 cm. Übrigens einigte sich die BBT auf italienischer Seite mit der Baufirma auf 45 cm. Nicht jedoch beim Baulos Pfons- Brenner auf der österreichischen Seite. 

Wir brauchen den Brenner Basis Tunnel. Wir brauchen die 55 km Bahntunnel durch den Brenner. Die 2 Tunnelröhren. Den Erkundungstunnel. Nicht nur als wichtigen Bestandteil des Skandinavien-Mittelmeer-Korridors (Scan-Med), des Trans-European-Network-Transport (TEN-V-Netz) der CEF, der Connecting Europe Facility, hat er höchste Priorität, sondern auch für die Umwelt, für das ewig angesprochene „von der Straße auf die Schiene“, für unsere CO2 Bilanz. 

Die europäische Union hat für dieses Bauwerk in ihrem Mittelfristigen Finanzprogramm 2014-2020 ein Grant Agreement von 302.850.000 Euro für 50% der Kosten für Studien, Planungen, Erkundungsarbeiten vorgesehen und ein Grant Agreement für Arbeiten von 878.640.000 Euro, was 40% der Kosten der für die Errichtung des Haupttunnel vorgesehenen Kosten sind. Schon bisher musste die Europäische Kommission die Zustimmung zur Verlängerung erteilen, da in der Förderperiode 2014-2020 einiges nicht abgeschlossen werden konnte, Studies verlängert bis 2021, Works bis 2022, wobei meiner Meinung nach auch dieser Zeitplan nicht eingehalten werden kann.

Worüber man wirklich nicht hinwegsehen kann ist, dass Probleme den Weg des BBT bis jetzt pflasterten:

Wir hatten das Problem mit den Zulaufstrecken, wobei die deutsche Regierung unter dem damaligen Verkehrsminister Alexander Dobrindt mir damals persönlich versicherte, dass alles in der rechten Zeit erfolgen würde, was natürlich in keinster Weise der Wahrheit entsprach. Langer Rede kurzer Sinn: mit der Zulaufstrecke kann laut Aussage von Alexander Dobrindt, getätigt  2017,  erst 2037 gerechnet werden, möglicherweise noch viel später.

Das ist allerdings nur ein Aspekt des Brenner Basis Tunnels, der danebengegangen ist. Man hört noch von anderen. Ich habe mir mal die Bilanzen der letzten Jahre der BBT SE angesehen. Sehr interessant. Auch die Besetzung des Vorstands und vor allem des Aufsichtsrats ist nicht unspannend, wenn man bedenkt, dass die Funktionsperiode 3 Jahre ist und verlängert werden kann, wechseln hier die Namen doch häufig, vor allem 2019 und 2020 und vor allem auf österreichischer Seite. 

Durch Streitereien und andere Unwägbarkeiten wird hier ein Projekt gefährdet und verzögert, das für Europa von besonderer Bedeutung ist. Der Brennerbasistunnel bildet schließlich das Herzstück des Skandinavisch-Mediterranen TEN-Korridors von Helsinki nach Valletta. Und die Europäische Union stuft den Ausbau diese länderübergreifenden multimodalen Korridors als vorrangig und wichtig ein, was man auch an der Höhe der zugsagten Gelder sieht. Dieses Projekt zu gefährden oder massiv zu verzögern bedingt massive Einbrüche in Pläne und vor allem Zeitpläne. Der österreichische Rechnungshof prüfte im Juli 2019 als Follow Up des „Bahnprojekt: Brenner Basistunnel“ aus 2017 die Erledigung der Empfehlungen, wobei von den 15 Empfehlungen 9 umgesetzt wurden, 1 teilweise und 5 gar nicht. Hier ging es zum Beispiel darum, dass die BBT SE dem Aufsichtsrat keine mehrjährigen Finanzpläne vorlegt, die auch für die Finanzierungssicherheit des BBT wichtig wären, sondern nur einjährige, auch gab es für den Aufsichtsrat keine jährliche Kostenprognose, obwohl diese gefordert war. Und dass die Bauprogramme 2016 und 2018 ohne Genehmigung durch den Aufsichtsrat durchgeführt wurden, spricht auch nicht für eine gute und zuverlässige Arbeit. 

Nachdem ja der BBT eine länderübergreifendes Bauvorhaben ist, ist es wohl auch Gebot der Stunde, dass sich die Vertreter der Länder Österreich und Italien zumindest in technischer Hinsicht auf die notwendige Bahnausrüstung einigen. Dass dies nicht zum erforderlichen Zeitpunkt erfolgte, verzögerte auch 2019 die Ausschreibung eines Generalplaners für die bahntechnische Ausrüstung und bedingte dadurch zeitliche Verzögerung des Bauablaufes sowie eine noch spätere Inbetriebnahme des BBT, gepaart natürlich mit Mehrkosten. 

Als Mitglied des EP und des Haushaltskontrollausschusses habe ich in den 5 Jahren meiner Amtszeit leider viele Projekte in verschiedenen europäischen Ländern prüfen müssen, die mit den ihnen zur Verfügung gestellten Mitteln nicht ordnungsgemäß und nach den Kriterien der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit umgegangen sind. Dies auch im eigenen Land vermuten zu müssen, schmerzt. Aber noch ist der Zeitplan des BBT nicht so überzogen, dass nicht noch die Hoffnung besteht, dass er in eine realistischen Zeitrahmen fertig werden wird. Das wäre wichtig. Nicht nur für Österreich und Italien, sondern auch für Europa.

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